Weltweit gibt es ca. 200 verschiedene Gebärdensprachen. Die Vielfalt der Gebärdensprachen manifestiert sich in lokalen Varianten, die sich in verschiedenen Regionen und Gemeinschaften entwickelt haben. Diese Varianten weisen Unterschiede in der Lexik, Syntax und Phonologie auf.
Die meisten Menschen wissen gar nicht, dass Gebärdensprachen sich unterscheiden, sondern gehen davon aus, dass sich alle Gehörlosen untereinander verständigen können. Aber eine Gebärdensprache besteht nicht nur aus den Handbewegungen, sondern auch die Mimik, die Bewegung von Augenbrauen und die Körperhaltung und Lippenbewegungen. All das verändert sich je nach Gebärdensprache oder Dialekt.
Aber so wie fast alle Menschen die englische Lautsprache beherrschen, ist auch die amerikanische Gebärdensprache eine Weltsprache für Gehörlose. Diese ist bisher auch am meisten erforscht. Und es gibt „International Sign, welche als Brücke zwischen Gehörlosen verschiedener Nationalität dient. „International Sign“ funktioniert ähnlich wie eine Pidgin-Sprache, entsteht oft spontan und wird weiterentwickelt. Deshalb können Gehörlose sich oft auch in fremden Ländern schnell miteinander verständigen.
Entstehung lokaler Varianten
Die lokalen Gebärdensprachenvarianten entstehen aufgrund der Isolation von Gehörlosengemeinschaften und der mündlichen Überlieferung der Sprache innerhalb dieser Gemeinschaften. Dies führt zur Ausprägung unterschiedlicher Gebärden und sprachlicher Strukturen im Laufe der Zeit. Viele denken vielleicht, dass die Gebärdensprachen von Briten und Amerikanern so ähnlich wie sind wie in der Lautsprache. Dem ist aber nicht so. Tatsächlich sind sich die amerikanische und die französische Gebärdensprache ähnliche als die amerikanische und die britische.
Das liegt an historischen und kulturellen Einflüsse, die bei der Entstehung lokaler Varianten eine entscheidende Rolle spielen. So ist die französische Gebärdensprache im 18. Jahrhundert nach Amerika gekommen, während die britische Gebärdensprache sich vor Ort als lokale Variante entwickelt hat. Migration, regionale Traditionen und die Interaktion mit umgebenden Lautsprachen beeinflussen die Entwicklung der Gebärdensprachen.
Fehlende Vereinheitlichung
Die fehlende Vereinheitlichung der lokalen Gebärdensprachenvarianten resultiert aus der begrenzten Interaktion zwischen den verschiedenen Gemeinschaften. Im Gegensatz zu Lautsprachen, die durch nationale Bildungs- und Mediensysteme standardisiert werden, bleiben Gebärdensprachen aufgrund ihrer lokalen Verankerung vielfältig. Die Unterschiede in den lokalen Gebärdensprachenvarianten sind somit das Ergebnis historischer, kultureller und sozialer Einflüsse sowie der begrenzten Standardisierung im Vergleich zu Lautsprachen.
Die französische Gebärdensprache hat viele Gemeinsamkeiten mit anderen Gebärdensprachen durch Überlieferungen. Die deutsche Gebärdensprache ist wie die britische eine lokale Variante und hat lediglich einige Gemeinsamkeiten mit der israelischen Gebärdensprache. Einige jüdische Gehörlosenlehrer und taube Schüler der israelischen Taubstummenanstalt in Berlin-Weißensee sind zu Zeit des Nationalsozialismus nach Israel geflohen und haben dort die Deutsche Gebärdensprache weiter verwendet.
Die Unterschiede in den lokalen Gebärdesprachen sind also das Ergebnis verschiedener Faktoren, darunter historische, kulturelle und soziale Einflüsse sowie die regionale Isolation von Gehörlosengemeinschaften.
Die Erkenntnisse aus der Erforschung lokaler Varianten tragen somit zur Weiterentwicklung der Gebärdensprachlinguistik und des Gebärdensprachunterrichts bei, indem sie ein umfassenderes Verständnis der Gebärdensprache als eigenständige und vollwertige Sprache ermöglichen.