Warum kann nicht jede:r in Leichte Sprache übersetzen?
Sachverhalte vereinfacht erklären klingt auf den ersten Blick, als ob das alle könnten. Einfache Wörter nehmen, ein paar Nebensätze weglassen und eine große Schrift verwenden. Dann sich ja eigentlich jeder Leichte-Sprache-Übersetzer nennen, oder?
Wie auch beim interlingualen Übersetzen (also das Übersetzen von einer Sprache in einer andere) neigen Menschen auch beim Übersetzen in die Leichte Sprache dazu, zu sagen, dass das doch eigentlich nicht so schwer ist. Wer ein bisschen Englisch spricht, kann ja auch „mal eben schnell“ was übersetzen und in der eigenen Muttersprache kurz mal was einfach zu erklären, geht doch noch schneller.
Aber nein, Texte in Leichte Sprache umzuwandeln bzw. zu übertragen ist gar nicht so leicht. Die Leichte Sprache folgt festen Regeln, die zwar noch recht neu sind und im Moment noch wissenschaftlich evaluiert werden, die aber trotzdem befolgt werden sollten. Denn Leichte-Sprache-Übersetzen ist eben nicht einfach nur Texte vereinfachen, es ist zielgruppenspezifisches Übersetzen. Und das ist auch schon der Knackpunkt bei der Leichten Sprache. Die Zielgruppe.
Die Zielgruppe der Leichten Sprache ist sehr heterogen, sie haben die verschiedensten Anforderungen an einen Text. Zudem ist die Leichte Sprache immer noch ein sehr neuer Bereich und viele Regeln müssen noch wissenschaftlich mit Studien gefestigt werden um zu sehen, was nun wirklich ein Verständnisproblem aufwirft und was nicht. Die Leichte Sprache ist also immer noch im Wandel.
Beim Übersetzen muss von der übersetzenden Person geprüft werden, welche Informationen wirklich relevant für die Zielgruppe sind und was zugunsten der Lesbarkeit weggelassen wird. Über welches Vorwissen verfügt die Zielgruppe und was muss gegebenenfalls erläutert werden?
Außerdem sollte ein Verständnis der rechtlichen Grundlagen gegeben sein. Welche Inhalte müssen laut UN-Behindertenrechtskonvention in Leichter Sprache bereitgestellt werden und was genau sind die WCAGs und wofür braucht man die eigentlich.
Da es noch keinen einheitlichen Qualitätsstandard für die Leichte Sprache gibt, variiert die Qualität leider stark bei den Übersetzungen. Teilweise ist falsche Rechtschreibung und Grammatik in den Texten zu finden, dies hilft der Zielgruppe wenig weiter, im schlimmsten Fall lernen sie dadurch falsche Orthografie. Deshalb sollten nur ausgebildete Übersetzer*innen Texte in Leichter Sprache verfassen damit eine Einheitlichkeit gewährleistet werden kann.
Mittlerweile gibt es einige Angebote um sich zum Leichte-Sprache-Übersetzer ausbilden zu lassen. Einige Agenturen und Unternehmen bieten mehrtägige Workshops an, bei denen man sich mit den Regeln, den rechtlichen Grundlagen und der Zielgruppe auseinandersetzt und selbst üben kann wie man in die Leichte Sprache übersetzt. Und wem das nicht reicht, der kann an der Universität Hildesheim den Master Barrierefreie Kommunikation studieren. Dort werden viele Inhalte zur Leichten Sprache gelehrt, aber das Studium geht auch noch darüber hinaus und vermittelt Inhalte zur barrierefreien Kommunikation wie z.B. Untertitel für Schwerhörige und Gehörlose, Audiodeskription für Sehgeschädigte oder Blinde oder barrierefreies Web.