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Hast du dich schon einmal gefragt, wie Menschen kommunizieren, die nicht hören können? Die Antwort liegt in der Gebärdensprache – einer vollwertigen, komplexen Sprache, die nicht nur mit den Händen, sondern mit dem ganzen Körper „gesprochen“ wird. Als Expertin für Gehörlosigkeit und Gebärdensprache möchte ich dich heute mitnehmen in die faszinierende Welt der visuell-räumlichen Sprachen. Hier erfährst du, was Gebärdensprache ausmacht, wie ihre Syntax funktioniert, warum Simultaneität so wichtig ist und was es mit dem berühmten „Gebärdenraum“ auf sich hat.

Was ist Gebärdensprache?

Gebärdensprachen sind natürliche Sprachen, die von gehörlosen und schwerhörigen Menschen weltweit genutzt werden. Sie sind keine universale Sprache, sondern entwickeln sich in verschiedenen Ländern und Regionen eigenständig – ähnlich wie gesprochene Sprachen. In Deutschland ist dies die Deutsche Gebärdensprache (DGS), in der Schweiz die Deutschschweizer Gebärdensprache (DSGS), und international gibt es unzählige weitere Varianten wie die American Sign Language (ASL) oder die British Sign Language (BSL).

Wichtig: Gebärdensprache ist keine „Übersetzung“ der gesprochenen Sprache, sondern eine eigenständige Sprache mit eigener Grammatik, Syntax und Kultur.

Die Syntax: Wie Sätze in der Gebärdensprache aufgebaut sind

Die Syntax der Gebärdensprache unterscheidet sich grundlegend von der gesprochener Sprachen. Während wir im Deutschen etwa nach dem Schema Subjekt-Prädikat-Objekt (SPO) sprechen („Ich trinke Wasser“), folgt die DGS oft dem Muster Topic-Kommentar. Das bedeutet, das Thema wird zuerst genannt, gefolgt von einer Aussage dazu.

Beispiel:

  • Deutsch: „Ich gehe morgen ins Kino.“
  • DGS: „Kino, ich morgen hingehen.“

Außerdem spielen Mimik und Körperhaltung eine zentrale Rolle. Sie können die Bedeutung einer Gebärde komplett verändern – ähnlich wie die Betonung in der gesprochenen Sprache.

Simultaneität: Alles auf einmal!

Ein besonderes Merkmal der Gebärdensprache ist die Simultaneität. Während wir in gesprochener Sprache Wörter nacheinander aussprechen, können in der Gebärdensprache mehrere Informationen gleichzeitig vermittelt werden. Das geschieht durch:

  • Handform: Die Form der Hand gibt Auskunft über das gemeinte Objekt oder die Handlung.
  • Bewegung: Die Art, wie die Hand bewegt wird, kann Zeitformen oder Intensität ausdrücken.
  • Ort im Raum: Der Ort, an dem gebärdet wird, kann Subjekte, Objekte oder Orte repräsentieren.
  • Mimik: Gesichtsausdrücke zeigen Emotionen, aber auch grammatikalische Strukturen wie Fragen oder Verneinungen.

Beispiel: Wenn jemand in DGS „Ich frage dich“ gebärdet, wird die Handbewegung (Frage) oft mit einem fragenden Gesichtsausdruck kombiniert – beides gleichzeitig!

Der Gebärdenraum: Die Bühne der Kommunikation

Der Gebärdenraum ist der Bereich vor dem Oberkörper, in dem gebärdet wird. Er funktioniert wie eine Bühne, auf der Informationen räumlich angeordnet werden. So können Personen, Orte oder Gegenstände im Raum „platziert“ und später wieder aufgegriffen werden.

Beispiel: Du möchtest erzählen, dass Person A zu Person B geht. Du „stellst“ Person A auf der linken Seite und Person B auf der rechten Seite im Gebärdenraum „ab“. Dann zeigst du mit einer Bewegung von links nach rechts, dass A zu B geht.

Diese räumliche Nutzung ermöglicht es, komplexe Sachverhalte klar und anschaulich darzustellen – fast wie ein lebendiges Bild.

Warum Gebärdensprache so wichtig ist

Gebärdensprache ist nicht nur ein Kommunikationsmittel, sondern ein zentraler Bestandteil der Gehörlosenkultur. Sie ermöglicht gehörlosen Menschen den Zugang zu Bildung, Information und sozialer Teilhabe. Studien zeigen, dass Kinder, die früh Gebärdensprache lernen, bessere kognitive und sprachliche Fähigkeiten entwickeln – unabhängig davon, ob sie später ein Cochlea-Implantat erhalten oder nicht.

Interessant: Gebärdensprache aktiviert im Gehirn ähnliche Areale wie gesprochene Sprache. Sie ist also kein „Ersatz“, sondern eine gleichwertige Form der Kommunikation.

Fazit: Eine Sprache, die begeistert

Gebärdensprache ist mehr als nur Handzeichen – sie ist eine lebendige, kreative und ausdrucksstarke Sprache, die den ganzen Körper einbezieht. Sie zeigt, wie vielfältig menschliche Kommunikation sein kann, und öffnet die Tür zu einer faszinierenden Kultur.

Möchtest du mehr über Gebärdensprache erfahren oder selbst ein paar Gebärden lernen? Es gibt viele Kurse, Online-Ressourcen und Communities, die dich willkommen heißen!