Manche Menschen tun sich mit der Verwendung von Lautsprache schwer, was aber nicht heißt, dass sie nichts zu sagen haben. Durch Hilfsmittel der Unterstützten Kommunikation (UK) können diese Menschen Wege finden, sich dennoch zu verständigen. Mehr über die verschiedenen Formen der UK und mögliche Herausforderungen lesen Sie in unserem Blog-Beitrag.
Was ist Unterstützte Kommunikation?
Unterstützte Kommunikation (UK) ist ein Oberbegriff für alle Hilfsmittel, Methoden und Strategien, die Menschen ohne oder mit stark eingeschränkter Lautsprache nutzen, um sich auszudrücken. Sie ermöglicht Teilhabe, Selbstbestimmung und soziale Interaktion – sei es im Alltag, in der Schule oder am Arbeitsplatz.
UK kommt zum Einsatz bei Menschen, die
- von Geburt an nicht oder nur eingeschränkt sprechen können (z. B. aufgrund von Cerebralparese oder kognitiver Beeinträchtigung)
- ihre Sprachfähigkeit im Laufe ihres Lebens verloren haben (z. B. nach einem Schlaganfall oder bei ALS)
- vorübergehend nicht sprechen können (z. B. nach einer Operation)
- Schwierigkeiten mit Lautsprache haben (z. B. Autismus-Spektrum-Störung oder selektiver Mutismus).
Hilfsmittel: Von einfachen Karten zu High-Tech-Lösungen
Im Bereich der UK gibt es ganz unterschiedliche Hilfsmittel – von Low-Tech bis High-Tech.
1. Low-Tech: Einfach, aber wirkungsvoll
Diese Lösungen benötigen keine Elektronik und sind besonders flexibel:
- Symbol- und Bildkarten
Die meisten Symbol- und Bildkarten sind einfache Pappkarten mit Fotos oder Piktogrammen. Sie werden z. B. in der Pflege oder in der Kommunikation mit Kindern eingesetzt, um Bedürfnisse wie Essen und Trinken oder auch Schmerzen anhand einer Schmerzskala anzuzeigen. Vorteil dieser Karten ist, dass sie günstig, schnell anpassbar und überall nutzbar sind.
- Kommunikationstafeln
Kommunikationstafeln haben thematisch geordnete Wörter oder Symbole, zum Beispiel zu den Bereichen „Essen“, „Gefühle“ oder „Schule“. Sie können individuell gestaltet werden.
- Gebärden
Die Verwendung der Deutschen Gebärdensprache (DGS) wird für die meisten Menschen nicht hilfreich sein, da die DGS für sie eine Fremdsprache mit ganz eigener Grammatik darstellt. Möglich ist jedoch der Einsatz einzelner UK-Gebärden, die auf der Deutschen Gebärdensprache basieren und sprachunterstützend eingesetzt werden können. Ist bereits ein umfangreicherer Gebärdensprachwortschatz vorhanden, können z. B. auch lautsprachbegleitende Gebärden (LBG) verwendet werden. Vorteil hier ist, dass kein extra Material nötig ist und durch die Verwendung von Gebärden außerdem das Sprachverständnis gefördert werden kann.
2. Mid-Tech: Elektronische Hilfen ohne komplexe Programmierung
Zu den Mid-Tech-Hilfsmitteln gehören u. a. sprechende Tasten. Das sind einfache Sprechknöpfe, auf die eine Botschaft aufgenommen wird, z. B. „Hallo, ich heiße Lena!“. Es gibt auch Geräte, bei denen mehrere aufeinanderfolgende Sprachaufnahmen gespeichert werden können, z. B. für kurze Dialoge. Dieses Kommunikationsmittel wird oft in der Frühförderung oder bei Menschen mit schweren Mehrfachbehinderungen genutzt.
3. High-Tech: Digitale Sprachausgabe & Spezialsoftware
- Talker (Sprachausgabegeräte)
Sprachausgabegeräte, sogenannte Talker, sind dynamische Geräte mit Symbol- oder Schriftspracheingabe. Da sie durch Augensteuerung bedient werden können, sind sie auch für viele stark beeinträchtigte Menschen geeignet. Talker haben große Wortschatzmöglichkeiten und verwenden üblicherweise sehr natürlich klingende Stimmen.
- UK-Apps für Tablets
UK-Apps für Tablets sind die günstige Alternative zu den oft sehr teuren Talkern. Vorteil hier ist, dass sie individuell angepasst werden können, z. B. durch eigene Fotos oder Stimmen von Angehörigen.
- Eye-Tracking-Systeme
Eye-Tracking kann nicht nur in der Forschung, sondern auch als Kommunikationsmittel eingesetzt werden. Diese Systeme können mit Augenbewegungen gesteuert werden und sind somit insbesondere für Menschen ohne motorische Kontrolle geeignet.
4. Zukunftstechnologien: KI & Neuro-Interface
In Zukunft wird die Welt der Unterstützten Kommunikation wahrscheinlich immer vielseitiger werden. Denkbar ist beispielsweise eine KI-basierte Wortvorhersage, ähnlich zu Smartphone-Tastaturen, aber für UK optimiert. Auch zu Brain-Computer-Interfaces wird bereits geforscht. Mit dieser Technologie ist es möglich, Gedanken direkt in Sprache umzuwandeln, sodass man sich den Umweg über andere Hilfsmittel sparen kann.
Wie findet man das passende System?
Nutzer:innen von UK sind sehr unterschiedlich und bringen ganz individuelle Bedarfe und Fähigkeiten mit. Deshalb ist es unerlässlich, genau hinzuschauen und das individuell passende System mit Bedacht auszuwählen.
Zunächst muss der individuelle Bedarf ermittelt werden. Welche motorischen Fähigkeiten hat der oder die Nutzer:in? Kann die Person tippen oder auf Symbole zeigen? Wie ist das Sprachverständnis? Wo soll die UK eingesetzt werden, z. B. in der Schule, Zuhause oder auf der Arbeit?
Auch die Kosten bzw. die Finanzierung des jeweiligen UK-Systems ist ein relevanter Faktor. Nach ärztlicher Verordnung übernehmen oft Krankenkassen die Kosten für Talker oder sonstige Spezialgeräte. Bei zusätzlichem Bedarf können auch Sozialhilfeträger einspringen. Manchmal werden Anschaffungen auch von Stiftungen wie der Aktion Mensch gefördert.
Herausforderungen in der Praxis
In der Praxis können Betroffene auf viele verschiedene Herausforderungen stoßen, für die es aber natürlich Lösungen gibt und die nicht entmutigen sollten.
Herausforderung | Lösung |
hohe Kosten | Kostenträger frühzeitig einbeziehen, gebrauchte Geräte nutzen |
technische Hürden | Schulungen wahrnehmen, Support nutzen |
Akzeptanzprobleme | UK positiv vorleben (z. B. selbst Symbolkarten verwenden) |
Überforderung | langsam starten, Erfolge feiern |
Gerade zu Beginn sind Akzeptanzprobleme und Überforderung übliche Herausforderungen. Damit Betroffene die UK umfassend akzeptieren können, sollte allen Beteiligten klar sein, dass UK ein kommunikatives Hilfsmittel ist, an das man sich gewöhnen muss. Manche Nutzer:innen brauchen Monate, um sich an ein System zu gewöhnen. Aber wenn alle (Familie, Lehrkräfte, Betreuungspersonen, …) mitziehen, ist die Eingewöhnung erfolgversprechend.
Fazit: UK ist mehr als Technik – es ist Teilhabe
Nicht sprechen zu können heißt nicht, nichts zu sagen zu haben! Unterstützte Kommunikation verändert Leben. Sie gibt Menschen eine Stimme, die sonst ungehört bleiben. Ob mit einfachen Karten oder High-Tech-Talkern – wichtig ist, dass jeder Mensch die Möglichkeit zur Kommunikation erhält.